Leseprobe zu
Heft 180
 
Geschichte
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Der Brand des Tegernseer „Hotels Post“ im Jahr 1911

„... und nicht eher kam Bier auf den Brandplatz, bis die Macht des Feuers beherrscht war“

Die 150-Jahr-Feier der Freiwilligen Feuerwehr Tegernsee im und um das Tegernseer Schloss war eines der schönen Sommerereignisse des Jahres 2023. Unser Gastautor erinnert an einen bedeutenden Einsatz aus der frühen Geschichte der Floriansjünger – Feuerreiter, hilfreiche Sommergäste und bissige Zeitungskommentare inklusive.

Freitag, der 11. August 1911, ist ein schöner und heißer Hochsommertag. Seit Wochen schon hat es nicht mehr geregnet. Tegernsee ist auch damals schon im Sommer voller Gäste. Und so ist auch das zwei Jahre zuvor von Grund auf renovierte und erweiterte „Hotel Post“ mit seinen über 80 Betten voll belegt.

Kurz nach Mittag wird die Ruhe im Ort, wie die Lokalzeitung „Seegeist“ berichtet, durch einen Schreckensruf empfindlich gestört: „Das Hotel Post brennt!“

Mächtige Rauchwolken steigen in den Himmel. Manch einer hofft noch, dass diese von der nahegelegenen Brauerei stammen könnten, wo man es vielleicht mit dem Anheizen der Sudpfannen etwas zu gut gemeint hat. Schnell aber wird klar, dass in dem Heustadel über dem Pferdestall, der an das Hauptgebäude des Hotels angebaut ist, tatsächlich ein Brand ausgebrochen ist. Wie es dazu kam, kann auch später nie wirklich geklärt werden. Möglicherweise führte Funkenflug aus dem Kamin des Waschhauses zur Entzündung des Heus. Nun aber findet das Feuer in den durch die Hitze ausgetrockneten alten Holzbauten, vor allem aber auch in der Garage mit den dort gelagerten Benzinvorräten überreiche Nahrung und kann schnell auf das Haupthaus und das Nebengebäude, die „Dependance“, übergreifen.

Wie der „Seegeist“ schreibt, ist die Tegernseer Feuerwehr unter der Führung von Kommandant Joseph Popp sofort am Einsatzort. Was das „sofort“ betrifft, muss man sich allerdings vergegenwärtigen, dass die Alarmierung der Feuerwehren zu der Zeit noch durch das Läuten der Kirchenglocken erfolgt, und zwar nach einem bestimmten, vorgegebenen System. Gleichzeitig galoppieren „Feuerreiter“, berittene Trompeter, durch den Ort und alarmieren so die Feuerwehrmänner, die sich dann hauptsächlich zu Fuß auf den Weg in die Unterkunft der Wehr machen.

An die Feuerreiter und ihren Dienst erinnerte noch lange Jahre eine Tafel am Anwesen von Metzgermeister Müller in der Bahnhofstraße. Sirenen zur Alarmierung werden flächendeckend erst in den Jahren vor und während des Zweiten Weltkriegs für den Luftschutz installiert. Die auswärtigen Feuerwehren werden jedoch wohl schon über Fernsprecher benachrichtigt, denn spätestens seit 1908 gibt es im Ort zwei telefonische Feuermeldestellen, eine bei Bürgermeister Joseph Steinbacher und eine zweite beim Adjutanten (stv. Kommandanten) der Feuerwehr, Joseph Negele. Erst im Jahr zuvor war bei Postschaffner Gleisl im Haus vom Schmiedemeister Weilhammer in der Bahnhofstraße noch eine weitere Sprechstelle hinzugekommen.

Das Hotelpersonal, Gäste des Hauses und die ersten ankommenden Feuerwehrmänner machen sich vorrangig daran, das Inventar aus dem brennenden Haus zu tragen, um dieses zu retten. Nach dem Unglück wird sich herausstellen, dass ein großer Teil davon – einschließlich der Kasse – tatsächlich den Großbrand unbeschadet überlebt hat.

 

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