Kultur
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Zwei auf gleichem Weg: Mit Verena und Josef Rottensteiner übernimmt die fünfte Schneider-Generation im Hause Winkler

Vive la Tradition!

Von Barbara Markert

Verena Rottensteiner

 

Josef Rottensteiner

Wer die Schneiderei Winkler in Kreuth ist, muss man niemandem erklären. Um die einzigartig feine Handwerkskunst – das „Savoir-Faire“ der Winklerischen, aber auch die Bedeutung der Familie für die Entstehung, Ausprägung und Bewahrung der Tegernseer Tracht weiß jeder, auch weit übers Tal hinaus. Die nächste, inzwischen fünfte Generation sorgt mit viel Schwung und Können dafür, dass das auch so bleibt.

 

Was haben ein Tenor, der an der Pariser Oper den Don Carlos von Giuseppe Verdi interpretiert, und ein Schreinermeister aus dem Tegernseer Tal, der sich gerade auf seine Hochzeit vorbereitet, gemeinsam? Die Antwort lautet: Es besteht die große Wahrscheinlichkeit, dass sie beide von der gleichen Schneiderin eingekleidet werden. Ihr Name: Verena Rottensteiner. Die junge Meisterin formt zusammen mit ihrem jüngeren Bruder Josef die fünfte Generation der Schneiderei Winkler aus Kreuth. Die Winklers, und vor allem ihre Tegernseer Joppe, genießen höchstes Ansehen. Liebe zur Tradition, Präzision und Passgenauigkeit formen ein Know-how, das seit Beginn des vergangenen Jahrhunderts von einer Generation zu anderen immer innerhalb der Familie weitergegeben wird und inzwischen weit über die Grenzen des Tales berühmt ist. Die Kunden kommen aus London, Mailand und sogar aus New York, um sich bei den Winklers eine Jacke, einen Mantel oder gleich einen ganzen Anzug anpassen zu lassen.

Doch wie passt der Tenor aus der Opéra Bastille in diese altbayerische Szenerie? Die Antwort ist das Ergebnis eines gezielten Strebens nach Perfektion, gemischt mit der überraschenden Wirkung des Schicksals. Verena, wie auch ihr Bruder Josef, haben zwar beide im eigenen Betrieb ihre Ausbildung absolviert und dort ihren Meister gemacht, aber sie wollten auch gerne mal über den Tellerrand hinausschauen, bei anderen lernen – am liebsten im Ausland. Mutter Elisabeth Winkler-Rottensteiner unterstützte das Vorhaben, ein langjähriger Kunde stellte den Kontakt zu einem Schneider in London her. Nicht zu irgendeinem, sondern einem aus der Savile Row. Die berühmte Straße im Viertel Mayfair gilt in Modekreisen als das Nonplusultra der Herrenschneiderkunst und die Schneiderei Kent & Haste beliefert sogar den englischen Hof, konkret: Prinz Philip, Herzog von Edinburgh, Gemahl von Queen Elizabeth II.

 
 
 
 
Starke Wurzeln, starke Bande: Elisabeth Winkler- Rottensteiner unterstützt den Ehrgeiz ihrer Kinder. Was Verena und Josef in Kreuth gelernt haben, stieß in London und Paris auf Hochachtung.

Elisabeth Winkler-Rottensteiner


Fotos: Schneiderei Winkler/Jochen Schädler, privat

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