In den Weißachauen genießen Spaziergänger und Radler, Reiter und Langläufer ein weitgehend unverfälschtes Naturerlebnis. Doch nur wenige der Besucher wissen, dass sie sich in dem ausgewiesenen Landschaftsschutzgebiet eigentlich auf Privatgrund bewegen. Seit 1810 gehören die Auen entlang der Weißach den Kreuther Bauern, ohne deren Zähigkeit es diesen Erholungsraum in seiner heutigen Form nicht geben würde.
Landwirtschaft und Naturschutz, Fremdenverkehr und Gemeinsinn, Geschichte und Geschichten, Vergangenheit und Zukunft. Es steckt viel drin und viel hinter jenem Konstrukt namens „Weißachau-Gemeinschaft“, das vor 215 Jahren mit einem Paukenschlag seinen Ausgang nahm. Am 8. September 1810 – die Säkularisation lag gerade sieben Jahre zurück – erstritten sich 36 Bauern aus Kreuth, Brunnbichl, Point, Scharling, Schärfen, Pförn und Oberhof vor dem Königlich Baierischen Landgericht zu Miesbach die Eigentumsrechte an den Weißachauen. Sie und ihre Vorfahren hatten das rund 146 Hektar große Gebiet zwischen Wildbad Kreuth und Trinis bereits im Auftrag des Klosters bewirtschaftet. Anschließend stand es unter königlicher Administration, doch es waren die Bauern, die das Gebiet um den Fluss als zusätzliche Heimweide nutzten und entsprechend pflegten. Das überzeugte letztlich auch die Obrigkeit. Per Gerichtsbeschluss wurden die Auen den ehemaligen Klosteruntertanen als gemeinschaftliche Viehweide „zum Eigenthum überlassen“. Die „Corporations- Waldung von Kreuth“, so die offizielle Bezeichnung der ungewöhnlichen Eigentümergemeinschaft, war geboren.
Gut zwei Jahrhunderte nach ihrer Gründung verantwortet die Weißachau- Gemeinschaft nicht mehr nur Wald- und Weideland. Sondern ein weitläufiges Landschaftsschutzgebiet (1953 ausgewiesen) und zugleich eines der beliebtesten Erholungsgebiete im Tegernseer Tal. Die Anforderungen könnten kaum größer sein: Als Eigentümer eines Landschaftsschutzgebietes sind die Mitglieder auch verpflichtet, alles zu tun, um dieses schützenswerte Areal zu erhalten. Oder andersherum: Nur so lange die Weißachau über ihre typischen Magerwiesen, Feuchtgebiete und lichten Wälder mit seltenen Tier- und Pflanzenarten (darunter Eisvogel, Zauneidechse, Alpenbock und Schnarrschrecke sowie zahlreiche Enzian- und Orchideenarten) verfügt, bleibt sie als Landschaftsschutzgebiet und „grüne Lunge“ des südlichen Tegernseer Tals auch künftigen Generationen erhalten.