Aber zunächst zum fraglichen Ereignis: Ein adeliger Grundbesitzer hatte dem Kloster Tegernsee vor einiger Zeit ein Gut namens Götzendorf (im heutigen Landkreis Freising) geschenkt. Doch das Kloster konnte daraus – warum auch immer – für sich keinen Nutzen ziehen. Deshalb verkaufte es Abt Eberhard II. (beziehungsweise sein Rechtsvertreter) in Anwesenheit zahlreicher Zeugen an einen gewissen Gerwig (beziehungsweise dessen Rechtsvertreter). Dieses etwas abgelegene Grundstücksgeschäft bekommt mit der Gmunder Jubiläumsfrage erst dadurch zu tun, dass der Käufer Gerwig dabei als „parrochianus presbiter ad Gimunda“ (Pfarrpriester zu Gmund) bezeichnet wird – der erste Gmunder Pfarrer, von dem wir je erfahren, was zugleich die erste schriftliche Erwähnung des Ortes beinhaltet.
Wie steht es nun mit der Datierung? Dass der Verkauf in der Amtszeit von Abt Eberhard II. stattgefunden hat, ist ausdrücklich erwähnt. Nur ist diese mit 1068–1091 ziemlich lang. Nicht mehr als eine gewisse Hilfe ist es da, dass drei Einträge vorher von einem Tegernseer Rechtsgeschäft mit Bischof Meginward von Freising die Rede ist. Folglich kann „unser“ Eintrag erst nach dessen Amtsantritt 1078 erfolgt sein. Weil der Bischof aber bis 1098 regierte, ergibt sich aus der „Schnittmenge“ beider Amtszeiten ein leider immer noch recht großer Zeitraum zwischen 1078 und 1091 für die Ersterwähnung von Pfarrer und Pfarrei.
Blättert man im Tegernseer Traditionsbuch weiter, findet man 59 Pergamentblätter und mindestens 30 Jahre später Gerwig, „plebanus sacerdos de Gemuonden“ (Leutpriester zu Gmund), erneut erwähnt. Diesmal als Schenker einer zinspflichtigen Magd namens Richilda an das Kloster und mit der Zusatzangabe, dass er einer Familie klösterlicher „Ministerialen“ entstammte, also von abhängigen Dienstleuten, die an den jeweiligen Orten für das Kloster bestimmte Aufgaben bei der Verwaltung seiner umfangreichen Grundherrschaft erfüllten. Von der Schenkung wird sogar recht anschaulich erzählt, dass Gerwig sie in symbolischer Form am Altar des heiligen Quirinus in der Klosterkirche in die Hände des Abtes Aribo und seines Vogtes, des Grafen Sigiboto II. von Weyarn, vollzog. Die Datierung lässt sich – wiederum durch die Amts- und Lebenszeiten der beteiligten Personen – diesmal deutlich enger eingrenzen, auf zwischen 1121 und 1126.