Geschichte
Vom Glück, an der Quelle zu sitzen
Seite   <   1   2   3   >
Bilder von der Bohranlage in Schliersee
16 Jahre, nachdem man in Wiessee per Zufall auf eine Heilquelle gestoßen war, begannen die Bohrarbeiten in Schliersee. Die Verantwortlichen hatten sich in viele Richtungen abgesichert und standen doch am Ende mit leeren Händen da.

Herr von Graeve traf am 22. April 1925 nachmittags in Schliersee ein, Herr Stuchlik kam am nächsten Morgen. Dann begingen sie gemeinsam das Gelände, und es zeigten sich »ganz außergewöhnliche und geradezu verblüffende Feststellungen« mit der Wünschelrute. Es erwies sich, dass Herr Stuchlik bezüglich der Richtung des Jodlaufes vollkommen mit Herrn Kittemann übereinstimmte. Dagegen bezeichnete Herr von Graeve eine Stelle links des Spießbaches, jedoch unweit der von Herrn Kittemann bezeichneten, als die günstigste Bohrstelle. Herr Bergrat Stuchlik schloss sich dieser Ansicht an, an dem neuem Punkt festzuhalten. Bezüglich der Tiefe gingen allerdings die Ansichten der beiden Wünschelrutengänger auseinander. Während Herr Kittemann eine Bohrung von mindestens 350 bis etwa 600 Meter für erforderlich erachtete, vertrat Herr von Graeve den Standpunkt, dass an der bezeichneten Stelle schon in einer Tiefe von 78 Metern Jod festgestellt werden müsse. Auf jeden Fall waren sich beide Wünschelrutengänger sowie auch Herr Bergrat Stuchlik darüber einig, dass Jod an dieser Stelle vorhanden sei. Es erschien dem Bergrat Stuchlik aber noch zweckmäßig, das Urteil eines Geologen zu hören, der das Schlierseer Gebiet selbst eingehend erforscht hat, nämlich Herrn Professor K. Boden vom Geologischen Institut der Universität München. Er lud ihn kurzerhand an den Schliersee ein. Man traf sich an der beabsichtigten Bohrstelle »von Graeve« und später erschien auch Herr Oberregierungsrat de Rudder, um persönlich mit den Herren die Angelegenheit zu besprechen. Herr Professor Boden erklärte an einem im Leitnergraben gelegenen Steinbruch die geologischen Verhältnisse der Gegend und betonte dabei die nicht unbedeutenden Schwierigkeiten einer Bohrung in diesem Gestein.

Noch am selben Tag, es ist der 28. April 1925, beauftragt die Gemeinde Schliersee die Firma Gall mit den Bohrarbeiten nach dem Jod an der von den Wünschelrutengängern bestimmten Stelle bis zu einer Endtiefe von 600 Metern und einem Bohrloch-Enddurchmesser von 6 Zoll. Die Firma muss das Bohrpersonal mit Bohrmeister, Schlüsselführer, Maschinisten, Handwerkern und Arbeitern stellen, dazu den Bohrturm, das Kesselhaus, die maschinelle Ausrüstung des Bohrturms mit Schlagapparat, Förderwinde, Spülpumpe und Antriebslokomobile, Rohölmotore mit 60 PS, Bohrgestänge. Im Gegenzug verpflichtet sich die Gemeinde, bei Vertragsabschluss 30.000 Mark und dann Abschlagzahlungen je nach Fortschritt der Arbeiten zu zahlen.

Daraufhin beginnt man schon am 5. Mai mit Feuereifer in Tag- und Nachtschichten mit den Bohrarbeiten. Ein neuer schwerer Bohrkran vom System Raki wird an die vorgesehene Bohrstelle herangefahren. Da immer wieder Geröll im Bohrloch nachfällt, zementiert man das Bohrloch aus. Am 17. Juni ist bereits eine Tiefe von 79 Metern erreicht. Das Gestein besteht hauptsächlich aus Schiefer mit Quarzeinlagen. Der Schiefer enthält Öl in geringen Mengen. Im wöchentlichen Bohrbericht war zu lesen: »Das Schieferöl tritt immer noch in geringer Menge mit der Spülung zu Tage. Diese Spuren bedecken jedoch nur als dünne Haut die Spülbassins, so dass es nicht gelang, eine Probe zu sammeln. Im Übrigen dürfte diesem geringen Vorkommen auch kaum eine wirtschaftliche Bedeutung beizumessen sein.« Von 120 Meter abwärts hat das Wasser der Spülung einen salzigen Beigeschmack, auch Spuren von Gips sind nachzuweisen. Am 16. Juli sind 150 Meter erreicht, der tägliche Fortschritt beträgt durchschnittlich 3 ½ Meter.

In einer Tiefe von 200 Metern tauchen erste Schwierigkeiten auf. Man beginnt mit dem Einbau von Rohren. Doch als die Verrohrung eine Tiefe von 110 Metern erreicht hat, reißt der Rohrstrang bei 66 Metern auseinander, sodass nun ein weiteres Tieferbringen der Rohre nicht mehr möglich ist. Erst am 1. Oktober gelingt es, die Rohre mit einem kleineren Meißel wieder frei zu durchfahren. Am 15. Januar 1926 sind 330 Meter Tiefe erreicht.

Im Schlierseer Gemeinderat ist man durch die Verzögerungen vorsichtig geworden. Zwischenzeitlich hatte offenbar das Bergbauunternehmen Raki die Bohrarbeiten übernommen. Zusätzlich beauftragte man das physikalische Laboratorium E. Engelhardt, um die Erfolgsaussichten abzusichern. Der Kompetenz dieses Instituts wiederum traute man beim Bezirksamt Miesbach in Miesbach nicht. Die Beamten stellten eine vorsichtige Anfrage ans Oberbergamt in München, »ob dem Oberbergamt der Bergbaudirektor und Leiter eines physikalischen Laboratoriums E. Engelhardt in Hannover bekannt ist, da er in Sachen Jodbohrung ein Gutachten abgegeben hat, das dem Bezirksamt ‚wenig wissenschaftlich‘ erscheint. Das Bezirksamt würde besonders Wert darauf legen, über die wissenschaftlichen Qualitäten des Herrn Engelhardt Näheres zu erfahren«.

 

Seite   <   1   2   3   >