Geschichte
Vom Glück, an der Quelle zu sitzen
Seite   <   1   2   3
Am Bohrplatz in Schliersee
Am Bohrplatz in Schliersee.

Es kam auch sehr bald die Antwort vom Oberbergamt in München: »Der oben benannte Engelhardt ist uns vor kurzem als eine Art Wünschelrutengänger bekannt geworden, der mit einem ,besonderen Apparat‘ arbeitet.« Und tatsächlich: Als Herr Engelhardt am 11. November 1927 nach Schliersee reist, um das Bohrgelände zusammen mit dem 1. Bürgermeister Miederer und drei anderen Personen in Augenschein zu nehmen, hat er tatsächlich ein merkwürdiges Spezialgerät dabei. Dieses Gerät, eine Art Maschinenpendel, zeigt eine Jodquelle an der fraglichen Stelle an, und zwar in 550 Meter Tiefe. Die Bohrarbeiten wurden aufgrund dieses positiven Gutachtens wieder aufgenommen…

… und auch nicht wieder unterbrochen, als ein Schreiben vom Oberbergamt eintrifft, indem das »Spezialgerät « erklärt wird. Es scheint sich dabei um eine von Hand betriebene Elektrisiermaschine mit einem Kugelkondensator zu handeln, ausgestattet mit einer Antenne zur Aufnahme von fremden Energien: »Dass dieses Maschinenpendel mit und ohne Stoffprobe unter der Einwirkung der wechselnd starken elektrischen Aufladung abstoßenden und anziehenden Kräften unterliegt und in Schwingungen gerät, erscheint glaubhaft. Dass jedoch Stoffe, die tief im Erdboden verborgen sind, ebenfalls auf den Apparat einwirken sollen, halten wir für Phantasie. Über Erfolge des Maschinenpendels ist uns noch wenig zu Ohren gekommen.« So gingen die Bohrarbeiten weiter, obwohl die verwendeten Rohre bis dahin bereits 200.000 Mark verschlungen hatten. Auch einen neuen Rohrbruch galt es zu verkraften.

Am 17. September 1928 waren 603 Meter Tiefe erreicht. Kein Öl oder Jodwasser ist in Sicht. Die Bohrfirma ist inzwischen fast ohne Mittel, aber immer noch optimistisch. Sie berichtet dem Schlierseer Gemeinderat: »Es besteht somit die Aussicht, schon nach geringer Vertiefung des Bohrloches an der Überschiebungsschicht von Flysch und Kreide jodhaltiges Salzwasser anzutreffen.« Etwa in dieser Tiefe war man in Wiessee auf die ergiebigen Jodquellen gestoßen. »Sobald ein positiver Nachweis von Jodwasser vorliegt, wird es auch möglich sein, einen der Hauptzufuhrwege unmittelbar anzubohren.«

Allein, es half nichts.

Es half aber alles nichts! Die Bergwerklizenz erlaubte nur eine Bohrtiefe von 600 Metern. Das Geld ging aus. Dazu kam, dass der Bohrunternehmer Gall im selben Jahr verstarb. Der ehemalige Chef des Bergwerks in Hausham, Dr. Ing. Franz Langecker übernahm vorübergehend die technische Leitung. Doch die Gemeinderäte in Schliersee verließ der Mut zu weiteren Vorstößen. Die Bohrarbeiten wurden eingestellt. 1933 bemüht sich der Markt Schliersee noch einmal, staatliche Stellen für eine Wiederaufnahme der Bohrarbeiten zu begeistern, indes ohne Erfolg. So schließt am 17. Dezember 1935 der Akt im Staatsarchiv mit einer simplen und kurzen Notiz in der Deutschen Bergwerks- Zeitung: »Anton Raki, Tiefbohrungen AG Salzgitter: Konkurseröffnung, 2,40 Millionen RM Schulden.«

Das bittere Ende eines Traums. Und doch: Vielleicht hat man auch nur zehn Meter vor dem Ziel aufgegeben. Niemand weiß es.

Hans Widmann


Bildquellen: Gemeindearchiv Schliersee, Thomas Plettenberg, wikimedia commons

Seite   <   1   2   3